Jim, Kim und die Nerds

Besuch beim BarCamp Köln, 29./30. August und der Herbstakademie „Digitale [Lese-]Welten der Akademie für Leseförderung Niedersachsen am 23.September 2015 in Hannover

Im letzten Monat habe ich zwei sehr unterschiedliche Veranstaltungen besucht, die mich inspiriert haben, und trotz großer Unterschiede doch auch interessante Ähnlichkeiten aufweisen.

Am 29. und 30. August war ich zusammen mit meinem Mann, Caspar Armster, auf dem BarCamp im Köln. Für mich war  es das erste Mal auf dieser Art der Veranstaltung, ein tolles Konzept wie ich finde! Wer noch nicht weiß, was ein BarCamp ist, hier eine kurze Erläuterung.

Knapp einen Monat später, am 23. September, besuchte ich die Herbstakademie der Akademie für Leseförderung Niedersachsen „Digitale [Lese-]Welten: Potenziale und Perspektiven für das Lesen und die Leseförderung“.

Die Organisationen und Konzepte der Veranstaltungen waren natürlich völlig unterschiedlich, aber von den Inhalten und Gesprächen konnte ich nicht anders, als Parallelen zu ziehen.

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Herzstück eines Barcamps- Das Grid: der Plan der Sessions

Die augenscheinlichen Unterschiede, fielen klar ins Auge. Während beim BarCamp 2/3 der Teilnehmer Männer waren, fast alle (ich und eine handvoll andere Teilnehmer ausgeschlossen) twitterten, und alle in Smartphones und Notebooks Notizen machten, waren in Hannover von ca. 100 Teilnehmern etwa 10 Männer dabei, die Vortragenden eingeschlossen. Fast alle Teilnehmerinnen machten handschriftlich Notizen in hübschen Notizbüchlein.

Doch zu den Vorträgen: BarCamp: Ich war völlig fasziniert, wie routiniert die Teilnehmer ihre Vorträge anboten. Aber auch spontane Vorträge, aufgrund gezielter Anfragen „Kann vielleicht einer mal was zu Evernote sagen? ich komme damit einfach nicht klar..“ kamen sofort zustande. Auf diese Weise  kam ich auch zu meiner allerersten Session.

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Meine erste eigene Session- „Ich wollte schon immer mal ein Buch schreiben – Warum?“

Als eine Anfrage zum Thema E-Books kam, bot ich spontan die Session „Ich wollte schon immer Mal ein Buch machen – Self Publishing, E-Books und Verlagswelt“ an. Ich war froh, auf einem Gebiet etwas beitragen zu können. Bei vielen Sessions saß ich nur wild mitschreibend dabei und staunte. Lange war ich mir schon nicht mehr so unwissend vorgekommen! Alle Teilnehmer waren unglaublich hilfsbereit und teilten ihr Know How und ihre Erfahrungen gerne.

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Veranstaltungsort: Die Eisfabrik in Hannover

Herbstakademie: Hier hatte ich schon eher das Gefühl, schon vorher gut informiert zu sein. Es trugen verschiedene Professoren vor, interessant und amüsant. Im Kern ging es darum, dass man neue Medien nicht per se verteufeln sollte, sondern die Kinder und Jugendlichen da abholen, wo sie stünden, und die Vorteile der Medien nutzen müsse. Seit der Antike scheint es Tradition zu sein, neue Medienformen zu verteufeln, insbesondere unter dem Aspekt, dass es die Jugend verderbe. Herr Dr. Georg Ruppelt, Direktor der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, hatte dazu ein hervorragendes Beispiel aus dem vergangenen Jahrhundert in seiner Bibliothek gefunden. Ein Zeitungsartikel darüber,  wie die Roman-Sucht die Jugend packt. Sie könnten ja etwas Nützlicheres tun, als Tag und Nacht ihre Nasen in die Bücher zu stecken. Wir lachten alle sehr herzlich.  „Ersetzen sie doch einfach mal „Roman“ mit Smartphone“! forderte er uns dann auf. Ertappt.

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Prof. Dr. Nadia Kutscher, Universität Vechta, über digitale Herausforderungen

Danach sprachen Prof. Dr. Nadia Kutscher und Prof. Dr. Christian Dawidowski über digitale Herausforderungen im Alltag, über Ergebnisse der KIM und Jim- Studie und Leseförderung in der Schule. Die abschließenden Diskussionsrunde konzentrierte sich interessanterweise wieder mehr auf die Menschen als auf die Medien: Der Wunsch nach engagierten Deutschlehrern, die mit ihrere eigenen Begeisterung für das Lesen mitreißen.

Nachmittags fanden dann verschiedene Werkstattgespräche statt. Ich nahm an dem von Christine Kranz, Referentin für Leseförderung der Stiftung Lesen, teil, die über sehr mitreißend Apps für Kinder informierte. Hier betraten ein paar Teilnehmerinnen Neuland und ich fühlte mich, diesmal völlig umgekehrt zu Köln, als der Ober-Nerd.

Wie kam ich nun dazu, die ganze Zeit Parallelen zwischen den so unterschiedlichen Veranstaltungen zu ziehen?
In der Herbstakademie wurden wir die ganze Zeit aufgefordert, keine Berührungsängste mit den neuen Medien zu haben, uns zu informieren, die Chancen zu nutzen.

schokolade

Keine Angst vor neuen Medien- hier wird der erste Kontakt versüßt…

Auf dem Bar Camp waren Menschen, die keinerlei Berührungsängste hatten, die sich informierten, auch kritisch damit umgingen und sicherlich Chancen suchten und nutzten.

Und doch sah ich da eine Gemeinsamkeit. Der Wunsch der Anwesenden, Wissen weiter zu tragen. Bei der Herbstakademie waren Bibliothekarinnen, Lehrerinnen, Menschen, die ehrenamtlich oder hauptamtlich Leseförderung betrieben. Sie möchten Menschen begeistern, fürs Lesen, für Bücher, dafür, sich selber Wissen anzueignen. Auf dem BarCamp waren sehr unterschiedliche Berufsgruppen. Ihnen gemeinsam war, dass sie die neuen Medien nutzen, um sich mitzuteilen, und die neuen Medien auch selber mitgestalten. Eigentlich das, was die Teilnehmer der Herbstakademie sich für die heranwachsene Generation wünscht. Was beiden gemeinsam ist, ist ihre Leidenschaft. Und ich kam gedanklich wieder zurück auf mein Lieblingsthema (Mein Vortrag auf der Buchmesse 2014): Menschen machen Inhalte sichtbar

Während ich in den Vorträgen der Hannover saß, stellte ich mir vor, diese beiden Gruppen, die so wenig von einander zu wissen scheinen,  zusammen zu bringen, die hilfsbereiten, begeisternden Nerds und die hilfsbereiten und begeisternden Leseförderinnen. Eine Veranstaltung, die die Begegnung beider Welten ermöglicht um Gemeinsamkeiten zu entdecken, und sich zu unterstützen dabei, Menschen zu inspirieren, selber an der Gestaltung unsere Medien und unserer Gesellschaft mitzuwirken.

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